Festnahme eines mutmaßlichen Mitarbeiters des syrischen Militärischen Geheimdienstes wegen des dringenden Tatverdachts eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit
Ausgabejahr 2020
Datum 22.06.2020
Festnahme eines mutmaßlichen Mitarbeiters des syrischen Militärischen Geheimdienstes wegen des dringenden Tatverdachts eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit
Die Bundesanwaltschaft hat am Abend des 19. Juni 2020 aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 19. Juni 2020
den syrischen Staatsangehörigen Alaa M.
durch Beamte des Bundeskriminalamts in Hessen festnehmen lassen.
Der Beschuldigte wurde am Folgetag (20. Juni 2020) dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der ihm den Haftbefehl eröffnet und den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.
Alaa M. ist der Begehung eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 VStGB, § 25 Abs. 2 StGB) sowie der gefährlichen Körperverletzung (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4) dringend verdächtig. Er soll als Arzt in einem Gefängnis des syrischen Militärischen Geheimdienstes tätig gewesen sein und dort zumindest in zwei Fällen einen Inhaftierten gefoltert haben.
In dem Haftbefehl ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:
Spätestens seit Ende April 2011 ging das syrische Regime dazu über, sämtliche regierungskritischen Aktivitäten der Opposition flächendeckend mit brutaler Gewalt zu unterdrücken. Den syrischen Geheimdiensten kam dabei eine wesentliche Rolle zu. Das Ziel war es, die Protestbewegung mit Hilfe der Geheimdienste bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu unterbinden und die Bevölkerung einzuschüchtern. Hierzu wurden überall im Land tatsächliche oder vermeintliche Oppositionelle ohne Rechtsgrundlage festgenommen, inhaftiert, gefoltert und teilweise getötet.
Alaa M. war im Jahr 2011 als Arzt im Gefängnis des Militärischen Geheimdienstes in der Stadt Homs (Syrien) tätig, so auch im Zeitraum vom 23. Oktober 2011 bis zum 16. November 2011. Ab dem 23. Oktober 2011 wurde dort das spätere Folteropfer A. wegen seiner Teilnahme an einer Demonstration festgehalten. Im Anschluss an eine „Foltersitzung“ erlitt er einen epileptischen Anfall, woraufhin ein Mitgefangener einen Aufseher bat, einen Arzt zu benachrichtigen. Nach seinem Eintreffen schlug der als Arzt anwesende Beschuldigte jedoch unvermittelt mit einem Plastikrohr auf A. ein. Auch nachdem dieser zu Boden gegangen war, setzte Alaa M. die Schläge weiter fort und trat zusätzlich auf das Opfer ein.
Am darauffolgenden Tag verschlechterte sich der gesundheitliche Zustand von A. erheblich. Nach Bitten der Mitinsassen um ärztliche Betreuung erschien erneut der Beschuldigte, diesmal in Begleitung eines weiteren Arztes des Gefängnisses. Beide schlugen anschließend jeweils mit einem Plastikrohr bewaffnet auf den geschwächten A., der nicht mehr eigenständig gehen konnte, ein, bis dieser das Bewusstsein verlor. Das Opfer wurde anschließend von mehreren Wächtern in eine Decke gelegt und weggetragen. Der Geschädigte verstarb in der Folgezeit, wobei die Ursache für den Eintritt des Todes unklar ist.
Der Beschuldigte hatte Mitte des Jahres 2015 Syrien verlassen und war in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er hat hier nach seiner Einreise als Arzt praktiziert.