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Anklage gegen acht Personen u.a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens vor dem Oberlandesgericht München erhoben

Ausgabejahr 2023
Datum 12.12.2023

Anklage gegen acht Personen u.a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens vor dem Oberlandesgericht München erhoben

Die Bundesanwaltschaft hat am 11. Dezember 2023 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München Anklage gegen die deutschen Staatsangehörigen

Paul G.
Ruth L.
Tomas M.
Harald P.
Frank R.
Melanie R.
Thomas T. und
Christian W.

erhoben.

Die Angeschuldigten Ruth L., Harald P. und Thomas T. sind hinreichend verdächtig, eine terroristische Vereinigung gegründet und sich anschließend an ihr als Mitglieder beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Paul G., Tomas M., Frank R., Melanie R. und Christian W. wird Mitgliedschaft in der Vereinigung vorgeworfen. Alle vorgenannten Personen sind auch wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (§ 83 Abs. 1 StGB) angeklagt. Den Angeschuldigten Tomas M., Harald P., Thomas T. und Christian W. wird überdies die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB) zur Last gelegt. Christian W. ist zudem wegen Verstößen gegen das WaffG (§ 52 Abs. 1 und 3 WaffG) angeklagt.

In der Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

1. Die Angeschuldigten gehörten zu einer Ende Juli 2021 gegründeten terroristischen Vereinigung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Die Angehörigen der Vereinigung verband eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Sie folgten einem Konglomerat aus Verschwörungsmythen, bestehend aus Narrativen der sog. Reichsbürger- und Selbstverwalterszene sowie der QAnon-Ideologie. So waren sie fest davon überzeugt, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines sog. „Deep State“ regiert werde. Befreiung verspreche die sog. „Allianz“, ein – tatsächlich nicht existierender – technisch überlegener Geheimbund von Regierungen, Nachrichtendiensten und Militärs verschiedener Staaten einschließlich der Russischen Föderation sowie der Vereinigten Staaten von Amerika.

Vor diesem Hintergrund plante die Vereinigung ab August 2021, mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Deutschen Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Hierfür trat die Vereinigung in konkrete Vorbereitungen ein, wie die Rekrutierung von militärischem Personal, die Beschaffung von Ausrüstung und die Durchführung eines Schießtrainings. Ab Mitte April 2022 führte die Vereinigung dieses Vorhaben nunmehr im engeren Kreis fort.

Zugleich setzte die Vereinigung verstärkt auf den Aufbau bundesweiter, flächendeckend operierender bewaffneter Kräfte. Hierzu propagierte sie eine Zusammenarbeit mit der „Allianz“. Jene sah vor, dass der Geheimbund ein Zeichen für den Eintritt des sog. „Tag X“ als Signal für das Eingreifen der Vereinigung geben werde. Der Eintritt dieses Ereignisses unterlag der Deutungshoheit der Vereinigung. Unter anderem wurde der Tod von Queen Elizabeth II als derartiges Signal diskutiert. Während die „Allianz“ dann einen ersten Angriff auf die obersten staatlichen Institutionen ausführen sollte, wollte die Vereinigung anschließend in Eigeninitiative die Beseitigung der verbliebenen Institutionen und Amtsträger auf Landes-, Kreis- und kommunaler Ebene übernehmen. Zu diesem Zweck hatten die Angehörigen der Vereinigung bereits mehrere sog. Feindeslisten erstellt. Zudem sah sich die Vereinigung in der Verantwortung, für eine politische Neugestaltung Deutschlands nach dem Umsturz zu sorgen. Ihren Mitgliedern war bewusst, dass die geplante Machtübernahme mit der Tötung von Menschen verbunden wäre. Unter den Vereinigungsmitgliedern galt als sicher, dass es zeitnah zu einem Einschreiten der „Allianz“ in Deutschland kommen würde.

Ab Sommer 2021 traf die Gruppierung für den Umsturz und die anschließende Absicherung der Macht zahlreiche konkrete Vorbereitungen. Als zentrales Gremium fungierte der „Rat“, der sich – ähnlich wie das Kabinett einer regulären Regierung – aus verschiedenen Ressorts, namentlich „Militär“, Inneres“, Gesundheit“, „Äußeres“ und „Justiz“, zusammensetzte. Der „Rat“ sollte nach dem Umsturz als Übergangsregierung fungieren und – dem klassischen Reichsbürgernarrativ entsprechend – die neue staatliche Ordnung in Deutschland mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs verhandeln. Zentraler Ansprechpartner dafür war aus Sicht der Vereinigung ausschließlich die Russische Föderation. Seit Februar 2022 trafen sich die Ratsmitglieder regelmäßig zu Sitzungen, um das weitere Vorgehen zu planen.

Angegliedert an den „Rat“ war der „militärische Arm“. Diesem Teil der Vereinigung oblag es, die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt durchzusetzen. Bewerkstelligt werden sollte dies über ein bereits im Aufbau befindliches deutschlandweites System von insgesamt 286 militärisch organisierten Verbänden, den sog. „Heimatschutzkompanien“. Der „militärische Arm“ hatte einen Führungsstab, welcher sich unter anderem mit der Rekrutierung neuer Mitglieder, der Beschaffung von Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen, dem Aufbau einer abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur sowie Plänen für die künftige Unterbringung und Verpflegung der sog. „Heimatschutzkompanien“ befasste. Auf Geheiß des „militärischen Arms“ wurden diverse Rekrutierungsveranstaltungen durchgeführt, bei denen es vor allem darum ging, aktive oder ehemalige Angehörige der Bundeswehr und Polizei für die Vereinigung anzuwerben.

Die Vereinigung verfügte über finanzielle Mittel in Höhe von etwa 500.000 Euro. Sie hatte Zugriff auf ein massives Waffenarsenal, bestehend aus insgesamt rund 380 Schusswaffen, beinahe 350 Hieb- und Stichwaffen und fast 500 weiteren Waffen- sowie mindestens 148.000 Munitionsteilen. Vereinigungsmitglieder schafften zudem eine Vielzahl sonstiger militärischer Ausrüstung an, darunter ballistische Helme, schusssichere Westen, Nachtsichtgeräte und Handfesseln.

Mit der Zeit schottete sich die Vereinigung nach außen zunehmend ab. Mitglieder und Interessenten hatten eine sog. Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen. Verstöße dagegen sollten als Hochverrat mit der Todesstrafe geahndet werden.

2. Paul G. schloss sich der Vereinigung Ende April 2022 als Mitglied an. Er gehörte dem „Rat“ der Vereinigung an und war in diesem Gremium für die Leitung des Ressorts „Äußeres“ auserkoren. Er nahm an insgesamt fünf von sechs Ratssitzungen teil. Auf der Augustsitzung stellte er seine Planungen für die künftige deutsche Außenpolitik nach dem Umsturz vor. Bei einem Streit über die Verteilung der Verschwiegenheitserklärungen vermittelte Paul G. im Oktober 2022 zwischen den Rädelsführern der Vereinigung, den vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschuldigten Heinrich XIII P. R. und Rüdiger v. P.

Ruth L. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung. Bei einer Zusammenkunft am 29. Juli 2021 verabredete sie mit Harald P. und Thomas T. sowie mit den vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschuldigten Rüdiger v. P., Maximilian E. und Peter W., die staatliche Ordnung in Deutschland mit Waffengewalt zu beseitigen. Sie war frühzeitig in die Planungen für ein gewaltsames Eindringen in den Deutschen Bundestag eingebunden. Ruth L. beteiligte sich an mehreren Koordinierungstreffen und rekrutierte neue Mitglieder wie etwa die vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschuldigte Birgit M.-W. Sie nahm an fünf von sechs Sitzungen des „Rates“ der Vereinigung teil und übernahm in diesem Gremium gemeinsam mit Thomas T. die Leitung des im August 2022 eingerichteten Ressorts „Transkommunikation“. Dieses Ressort war insbesondere für die spirituelle Überprüfung neuer Ratsmitglieder und die persönliche Beratung von Heinrich XIII P. R. zuständig.

Tomas M. schloss sich der Vereinigung Ende November 2021 als Mitglied an. Er sollte an dem Angriff auf den Deutschen Bundestag teilnehmen und wurde hierzu von Christian W. ausgerüstet. Im April 2022 absolvierte er ein Schießtraining. Er nahm an Planungstreffen des „militärischen Arms“ teil und wirkte am Aufbau der sog. „Heimatschutzkompanien“ mit. Außerdem übernahm er innerhalb des militärischen Führungsstabs die Leitung des Organisationsbereichs „Menschenwesen“. Dieser sollte nach dem Umsturz unter anderem die Militärgerichtsbarkeit übernehmen und Straftaten auch unter Anwendung der Todesstrafe aburteilen. Auch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sollte in der Abteilung angesiedelt sein. Tomas M. war gemeinsam mit Harald P. und weiteren Vereinigungsmitgliedern Teil des durch den „militärischen Arm“ gestellten Personenschutzkommandos für Heinrich XIII P. R.

Harald P. gehörte als Teilnehmer an der Zusammenkunft am 29. Juli 2021 zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung. Er war ebenfalls für den Angriff auf den Deutschen Bundestag vorgesehen und wurde zu diesem Zweck von Christian W. ausgerüstet. Unter Beteiligung der vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschuldigten Maximilian E., Birgit M.-W. und Peter W. kundschaftete er im August 2021 die Liegenschaften des Deutschen Bundestages in Berlin aus. Im April 2022 absolvierte er ein Schießtraining. Zudem leitete er das Personenschutzkommandos für Heinrich XIII P. R. Er nahm an Planungstreffen des „militärischen Arms“ teil und beteiligte sich am Aufbau der sog. „Heimatschutzkompanien“. Überdies war er in die Rekrutierung neuer Mitglieder eingebunden und arbeitete gemeinsam mit dem vor dem Oberlandesgericht Stuttgart angeschuldigten Wolfram S. am Aufbau einer gesicherten Kommunikations- und IT-Struktur für die Vereinigung.

Frank R. schloss sich der Vereinigung spätestens im August 2022 als Mitglied an. Im Führungsstab des „militärischen Arms“ arbeitete er als Referatsleiter unter Christian W. an der Beschaffung von Waffen und Ausrüstung. Daneben war er in die Rekrutierung neuer Mitglieder und die Konzeption der sog. „Heimatschutzkompanien“ eingebunden. Um Unterstützung für die Verfolgung der Ziele der Vereinigung zu erhalten, vereinbarte Frank R. gemeinsam mit Christian W. für Dezember 2022 einen Gesprächstermin im Generalkonsulat der Russischen Föderation in Leipzig. Zur Wahrnehmung des Termins kam es aufgrund der Festnahme der Angeschuldigten nicht mehr.

Melanie R. schloss sich der Vereinigung spätestens im Februar 2022 als Mitglied an. Sie gehörte dem „Rat“ an und war in diesem Gremium für die Leitung des Ressorts „Gesundheit“ vorgesehen. Sie war in alle Ratssitzungen eingebunden und trug dort unter anderem ihre Vorstellungen für eine neue Gesundheitspolitik vor. Darüber hinaus schlug sie Paul G. als neues Mitglied für die Vereinigung und den „Rat“ vor. Aus ihrem Privatvermögen stellte sie der Vereinigung rund 47.000 Euro zur Verfügung, die unter anderem der Durchführung eines Schießtrainings dienten.

Thomas T. gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung. Die Zusammenkunft am 29. Juli 2021 fand bei ihm zu Hause statt. Er beteiligte sich an mehreren Koordinierungstreffen. Außerdem sollte er an dem Angriff auf den Deutschen Bundestag teilnehmen. Im April 2022 absolvierte er ein Schießtraining. Thomas T. war bei allen sechs Sitzungen des „Rates“ zugegen und übernahm in diesem Gremium gemeinsam mit Ruth L. die Leitung des Ressorts „Transkommunikation“. Für Heinrich XIII P. R. koordinierte Thomas T. die Sitzungen des „Rates“. Überdies verteilte er die im Auftrag von Heinrich XIII P. R. beschafften Satellitentelefone an die Mitglieder des „Rates“ und die Führungsebene des „militärischen Arms“, um eine abhörsichere Kommunikation zu ermöglichen.

Christian W. schloss sich spätestens im November 2021 der Vereinigung als Mitglied an. Er rekrutierte neue Mitglieder und rüstete sie für den geplanten Angriff auf den Deutschen Bundestag aus. Dazu hielt er ein großes Arsenal aus Lang- und Kurzwaffen vorrätig. Für das Schießtraining der Vereinigung im April 2022 stellte er Waffen und Munition zur Verfügung und leitete einen Teil der Ausbildung. Innerhalb des militärischen Führungsstabs übernahm Christian W. die Leitung des Bereichs zur Beschaffung von Waffen und Ausrüstung. Ferner nahm er eine führende Rolle beim Aufbau der sog. „Heimatschutzkompanien“ ein. Gemeinsam mit dem vor dem Oberlandesgericht Stuttgart angeschuldigten Andreas M. entwickelte er verschiedene Konzeptunterlagen sowie Präsentationen für Rekrutierungsveranstaltungen. Um Unterstützung für die Verfolgung der Ziele der Vereinigung zu erhalten, vereinbarte Christian W. gemeinsam mit Frank R. für Dezember 2022 einen Gesprächstermin im Generalkonsulat der Russischen Föderation in Leipzig. Zur Wahrnehmung des Termins kam es aufgrund der Festnahme der Angeschuldigten nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Christian W. ohne die erforderlichen Erlaubnisse im Besitz einer halbautomatischen Schusswaffe sowie einer großen Menge an Munition.

3. Die Angeschuldigten wurden am 7. Dezember 2022 festgenommen und befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Grundlage hierfür sind Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs (vgl. dazu auch Pressemitteilungen Nr. 66 vom 7. Dezember 2022 und Nr. 68 vom 9. Dezember 2022).

4. Die Bundesanwaltschaft hat ebenfalls am 11. Dezember 2023 zwei Anklagen gegen weitere 19 Mitglieder und Unterstützer der Vereinigung vor den Oberlandesgerichten Frankfurt am Main und Stuttgart erhoben (vgl. Pressemitteilungen Nr. 52 und 54 vom heutigen Tage).

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