Festnahme von sechs mutmaßlichen Mitgliedern einer linksextremistischen Vereinigung
Ausgabejahr 2025
Datum 21.01.2025
Festnahme von sechs mutmaßlichen Mitgliedern einer linksextremistischen Vereinigung
Die Bundesanwaltschaft hat gestern (20. Januar 2025) auf Grundlage von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs die deutschen Staatsangehörigen
Nele A.
Paul M.
Paula P.
Luca S.
Moritz S. und
Clara W.
festnehmen lassen. Dem war vorausgegangen, dass sich die Beschuldigten an verschiedenen Orten (Bremen, Hamm, Kiel und Köln) bei Polizeidienststellen und einem Gericht gemeldet hatten.
Die Beschuldigten sind der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 StGB) und der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 StGB) dringend verdächtig, wobei Paul M., Paula P. und Luca S. in einem Fall Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung (§ 27 StGB) vorgeworfen wird. Nele A., Paula P. und Moritz S. sollen als Heranwachsende gehandelt haben. Paul M. werden in einem weiteren Sachverhaltskomplex Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, gefährliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 StGB), Sachbeschädigung (§ 303 StGB), Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) und versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1b, §§ 22, 23 StGB) zur Last gelegt.
1.
In den gegen alle Beschuldigten ergangenen Haftbefehlen ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrundegelegt:
Alle Beschuldigten waren Mitglieder einer linksextremistischen Vereinigung, der auch die gesondert verfolgten Simeon T. (vgl. Pressemitteilung Nr. 11 vom 22. März 2024), Hanna S. (vgl. Pressemitteilung Nr. 49 vom 8. Oktober 2024) und Johann G. (vgl. Pressemitteilung Nr. 66 vom 9. November 2024) angehörten. Die Vereinigung verübte im Februar 2023 in der ungarischen Hauptstadt Budapest körperliche Angriffe auf Personen, die aus Sicht der Angreifer dem rechten Spektrum zuzuordnen waren. Die Vorfälle ereigneten sich anlässlich des sogenannten „Tags der Ehre“, zu dem Rechtsextremisten aus ganz Europa jedes Jahr nach Budapest kommen, um des Ausbruchsversuchs der deutschen Wehrmacht, der Waffen-SS und ihrer ungarischen Kollaborateure aus der von der Roten Armee belagerten Stadt am 11. Februar 1945 zu gedenken.
Am Morgen des 9. Februar 2023 griffen Nele A. und Paul M. in einem Zug am Bahnhof in Budapest einen Mann an und besprühten ihn mit Pfefferspray. Kurz darauf nahmen Nele A., Paul M., Paula P. und Clara W. an einem Überfall auf drei Personen vor einem Café teil. Dabei traten und schlugen die Beschuldigten sowie weitere Mitglieder der Vereinigung mehrfach mit Schlagstöcken und anderem Schlagwerkzeug auf die Geschädigten ein. Bei den Opfern führte dies zu Prellungen, Quetschungen und zum Teil zu Knochenbrüchen.
Am 10. Februar 2023 griffen Nele A., Moritz S. und Clara W. zusammen mit weiteren Vereinigungsmitgliedern an einem öffentlichen Platz hinterrücks eine Person an. Moritz S. und Clara W. schlugen mit einem Schlagstock und einem Kubotan wiederholt gezielt auf den Kopf und Oberkörper des Opfers ein, während andere Mittäter den Betroffenen fixierten. Nele A. fungierte als Kommandogeberin und schottete die Szene vor Passanten ab. Paul M., Paula P. und Luca S. leisteten Unterstützung für diese Tat, indem sie das Tatopfer zuvor ausspähten. Der Geschädigte erlitt mehrfache Prellungen an Schädel und Oberkörper sowie diverse Kopfplatzwunden. Am späten Abend verfolgten Paul M., Luca S. und Clara W. gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Vereinigung zwei Personen und griffen diese auf offener Straße von hinten an. Die Angreifer sprühten den Opfern eine unbekannte Substanz ins Gesicht und schlugen wiederholt auf sie ein. Ein Geschädigter wurde mit einem Schlag gegen den Kopf zu Boden gebracht. Auch nachdem er bewusstlos auf dem Gehsteig lag, versetzte ihm die Gruppe mit einem Schlagwerkzeug weitere Schläge auf den Kopf und den gesamten Körper. Dadurch erlitt der Geschädigte multiple Gesichts- und Schädelfrakturen.
2.
Gegen Paul M. liegt ein weiterer Haftbefehl vor, der im Wesentlichen auf folgendem Sachverhalt beruht:
Paul M. gehört einer in und um Leipzig gegründeten Vereinigung an, deren Mitglieder eine militante linksextremistische Ideologie teilen. Die auch überregional vernetzte Vereinigung führte in den Jahren 2018 bis 2020 gewaltsame Angriffe gegen Personen durch, die aus ihrer Sicht der „rechten Szene“ angehörten. Die Aktionen wurden in der Regel intensiv vorbereitet. Sie schlossen etwa im Vorfeld die Ausspähung der Lebensgewohnheiten der ausgewählten Tatopfer ein. Paul M. nahm an der Seite der gesondert verfolgten Lina E. (vgl. Pressemitteilung Nr. 25 vom 28. Mai 2021) und des gesondert verfolgten Johann G. (vgl. Pressemitteilung Nr. 66 vom 9. November 2024) innerhalb der Vereinigung eine herausgehobene Stellung ein. Er war in die Planung möglicher Angriffe eingebunden und kümmerte sich um das Lager der für die Angriffe vorgehaltenen Tatmittel. Darüber hinaus absolvierte er Kampftrainings der Gruppierung und beteiligte sich persönlich zumindest an der folgenden Gewalttat:
Am 14. Dezember 2019 attackierte Paul M. gemeinsam mit anderen Angreifern den Inhaber einer Gaststätte in Eisenach. Bei dem Lokal handelte es sich um einen mutmaßlichen Treffpunkt der „rechten Szene“. Im Vorfeld des Angriffs observierte die Gruppe die Gaststätte und folgte dem Opfer bis zu dessen Wohnung in Eisenach. Dort schlugen die Täter mit Schlagstöcken, einem Hammer, einem Radschlüssel und Stangen auf den Betroffenen ein. Anschließend griff die Gruppe auch die drei Begleiter des Opfers an, welche sich in ihr Kraftfahrzeug geflüchtet hatten. Mit ihren Schlagwerkzeugen beschädigten die Angreifer zunächst den Pkw. Sodann versprühten sie durch zertrümmerte Scheiben Reizstoff in das Fahrzeuginnere und schlugen vielfach mit Fäusten auf die Geschädigten ein. Zudem rammten sie ihre Stangen und Schlagstöcke wiederholt in Richtung der Geschädigten. Diese wurden dabei erheblich verletzt. Nach dem Angriff flüchteten die Angreifer mit zwei Fahrzeugen, an denen sie zuvor entwendete Kennzeichen angebracht hatten. Um Polizeifahrzeuge abzuschütteln, die zwischenzeitlich die Verfolgung aufgenommen hatten, warfen sie Plastiktüten auf die Fahrbahn.
Luca S. und Paula P. wurden gestern Abend (20. Januar 2025) und heute Vormittag (21. Januar 2025) dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der ihnen die Haftbefehle eröffnet und die Untersuchungshaft angeordnet hat. Die Vorführungen der weiteren Beschuldigten finden im Laufe des heutigen Tages statt.